Aus Angst vor Erkältungen, Grippe oder anderen Krankheiten greifen vor allem in der kalten Jahreszeit viele Menschen zum Desinfektionsmittel für die Hände. Doch meistens ist eine solche Desinfektion überflüssig und kann sogar schädlich sein, wie die Autorin Juliane Gutmann vor kurzem in einem Beitrag für die Frankfurter Rundschau schrieb.
Sie verweist unter anderem auf den Ärztlichen Direktor des Deutschen Beratungszentrums für Hygiene in Freiburg, Dr. Ernst Tabori, der zumindest im privaten Umfeld eine Reinigung der Hände mit Wasser und Seife für völlig ausreichend hält. „Wenn wir zu Hause schmutzige Hände haben, wollen wir, dass sie sauber werden – und das macht nicht Desinfektionsmittel, sondern die klassische Seife“, zitierte bereits die Hannoversche Allgemeine Dr. Tabori. Ein zusätzliches Desinfizieren sei nicht nötig. „Haushaltsbakterien und Viren werden von Seife problemlos beseitigt.“
Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) rät gesunden Menschen von Desinfektionsmitteln ab. Durch zu viel Desinfektion werden – wie bei einem Antibiotikum – nicht nur die Krankheitserreger vernichtet, sondern auch alle guten und für gesunde Haut wichtigen Bakterien. „Die Haut stellt ein einzigartiges, in sich abgestimmtes stabiles Ökosystem dar, das durch die natürlicherweise vorhandenen Mikroorganismen (die Hautflora) im Gleichgewicht gehalten wird und durch übermäßige Reinigung (und ganz besonders durch eine Desinfektion) gestört werden kann“, schreibt das BfR. Der Gebrauch von Desinfektionsmitteln schadet dem natürlichen Säureschutzmantel der Haut und beeinträchtigt damit unsere Hautgesundheit.
Eine Schwächung der Bakterien-Vielfalt kann zudem eine Ursache für Allergien sein. Die Inhaltsstoffe desinfizierender Mittel können darüber hinaus Antibiotikaresistenzen hervorrufen (vgl. https://www.gesunde-bakterien.de/steigende-antibiotika-resistenz-durch-triclosan-in-haushalt-und-kosmetik/). Ein Gebrauch von Hände-Desinfektion im privaten Umfeld hat damit insgesamt mehr Nachteile, als Vorteile. Der Gebrauch in Krankenhäusern, Arztpraxen oder Pflegeeinrichtungen ist etwas anderes. Aber auch hier ist es wichtig, sich immer wieder klar zu machen: Mit jeder Anwendung zum Schutz vor Krankheitserregern können wir gesunder Haut und den gesunden Bakterien auf unserer Haut auch schaden. Statt zu viel Desinfektion ist es daher wichtig, die Haut zur Stabilisierung der gesunden Hautflora regelmäßig zu pflegen. (Holz et al 2017).
Quellen:
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